Die Bibel mit menschlichen Mitteln lesen

Inhaltlich ebnet man das Bild der Bibel der Zeitgeschichte
ein, Wundergeschichten werden in Parallele gesetzt, ja die
Person Jesu selbst, nicht nur der göttlichen, sondern auch der
menschlichen Hoheit entkleidet, verschwindet unkenntlich in
der Zahl der Rabbiner, Weisen und Schwärmer. Zwar wird auch
der denkende Historiker anerkennen, daß es in diesem Buch
um besonders eigenartige, tiefsinnige Dinge geht, daß man
Gestalten von besonderen Ausmaßen erblickt u.s.f. – er wäre
sonst wahrlich ein schlechter Historiker, aber ein ebenso
schlechter Historiker, wenn er glaubte, mit solchen Feststellungen
die Bibel als Wort Gottes erweisen zu können. … Es gibt
keinen historischen Zugang zu der Person Jesu, der für den
Glauben verbindlich wäre. Der Zugang über den geschichtlichen
Jesus geht allein über den Auferstandenen, über das
Wort des sich selbst bezeugenden auferstandenen Christus. …
Daneben muß aufrechterhalten werden, daß das Zeugnis von
Jesus als dem Auferstandenen kein anderes ist als das, was uns
von der Bibel überliefert ist. Wir bleiben als auch als glaubende
Menschen nüchtern und sachlich. Wir müssen dieses Buch der
Bücher mit allen menschlichen Mitteln lesen. … Aber durch
die brüchige Bibel hindurch begegnet uns Gott als der Auferstandene.

Dietrich Bonhoeffer

Quelle:
Jugend und Studium 1918-1927
, DBW Band 9, Seite 307 f, 12

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