Bei Gott wohnt die Freude

Ewige Freude wird über ihrem Haupte sein …« (Jesaja 35, 10).
Seit alten Zeiten gilt in der christlichen Kirche die
acedia – die Traurigkeit des Herzens die »Resignation« – für
eine der Todsünden. »Dient ihm mit Freuden« (Psalm 100, 2) –
ruft uns die Schrift zu. Dazu ist uns unser Leben gegeben und
dazu ist es uns bis zur Stunde erhalten. Nicht nur den Heimberufenen,
sondern auch uns Lebenden gehört die Freude, die
uns keiner rauben soll. In dieser Freude sind wir mit ihnen eins,
niemals aber in der Traurigkeit. Wie sollen wir den freudlos und
mutlos Gewordenen helfen können, wenn wir nicht selbst von
Mut und Freude getragen sind? Nichts Gemachtes, Erzwungenes,
sondern etwas Geschenktes, Freies ist da gemeint. Bei Gott
wohnt die Freude und von ihm kommt sie herab und ergreift
Geist, Seele und Leib, und wo diese Freude einen Menschen
gefaßt hat, dort greift sie um sich, dort reißt sie mit, dort sprengt
sie verschlossene Türen. Es gibt eine Freude, die von Schmerz,
Not und Angst des Herzens gar nichts weiß; sie hat keinen
Bestand, sie kann nur für Augenblicke betäuben. Die Freude
Gottes ist durch die Armut der Krippe und die Not des Kreuzes
gegangen; darum ist sie unüberwindlich, unwiderleglich.

Dietrich Bonhoeffer

Quelle:
Konspiration und Haft 1940-1945
, DBW Band 16, Seite 373

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