Eine Einführung zu Bonhoeffers Rechenschaftsbericht "Nach zehn Jahren"

Aktuelle Meldung vom: 11.09.2023

Analyse der geistigen Situation zur Zeit des Nationalsozialismus

Eine Einführung zu Bonhoeffers Rechenschaft „Nach zehn Jahren“

von Prof. Dr. Mitsuo Miyata/Japan mit Unterstützung von Dr. Ilse Tödt/Hannover


Vorwort

Marienburger Allee 43

Im Oktober 1935 zogen Karl und Paula Bonhoeffer in den Einfamilien-Neubau Marienburger Allee 43 in Berlin-Charlottenburg. Es war ihr letztes Wohnhaus. In der Mansarde im Dachgeschoss des zweistöckigen Gebäudes wohnte der Sohn Dietrich während seiner Aufenthalte in Berlin. Sicher versammelten sich in diesem Haus auch Umsturzplaner. Karl Bonhoeffer wusste von den Handlungen seiner Söhne und Schwiegersöhne; die geheimen Treffen fanden mit seiner Zustimmung statt.

Unmittelbar nach dem Krieg, im Herbst 1945, schrieb Karl Bonhoeffer in einem Brief an Paul Jossmann in Boston, einen jüdischen Kollegen, der sein Assistent gewesen war und dann nach Amerika übersiedelte:

„Sie können sich denken, dass das an uns alten Leuten nicht ohne Spuren vorübergegangen ist. Die Jahre hindurch stand man unter dem Druck der Sorge um die Verhafteten und die noch nicht Verhafteten, aber Gefährdeten. Da wir alle aber über die Notwendigkeit zu handeln einig waren und meine Söhne auch sich im Klaren waren, was ihnen bevorstand im Falle des Misslingens des Komplotts, und mit dem Leben abgeschlossen hatten, sind wir wohl traurig, aber auch stolz auf ihre gradlinige Haltung.“

Die Marienburger Allee 43 nannte Eberhard Bethge einen „Gegenpol“ zum Sitz des SS-Reichssicherheitshauptamts in der Prinz-Albrecht-Straße 8. Das ist in gewisser Weise vielleicht nicht übertrieben. Dieses Haus war in der Tat ein Stützpunkt des gegen das Hitler-Regime gerichteten Widerstands, den die gesamte Familie Bonhoeffer mittrug. Ab 1986 wurde das Haus zu einer Bonhoeffer-Gedächtnisstätte umgestaltet. Das ehemalige Wohnzimmer im Erdgeschoss wird als Tagungs- und Ausstellungsraum genutzt. Dietrich Bonhoeffers Zimmer im Dachgeschoss, für die Öffentlichkeit zugänglich, ist fast so wie damals eingerichtet mit Schreibtisch, Betten und Bücherregalen.

Teile seiner Ethik hat Bonhoeffer in diesem Raum geschrieben. Zwischen Dachsparren des Elternhauses war der Essay „Nach zehn Jahren“, den ich gleich besprechen werde, sorgfältig verborgen worden („Rechenschaft an der Wende zum Jahr 1943“, zuerst veröffentlicht in Bethges Neuausgabe 1970 von Widerstand und Ergebung 1951, seit 1998 in Band 8 der Dietrich Bonhoeffer Werke Seite 19–39).

Wahrscheinlich wurden Teile dieses Essays zuerst in der Bonhoeffer-Familie gelesen...

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