Sonderegger

Person

Am 5. April 1943 wurde Bonhoeffer im Elternhaus Marienburger Allee 43 in Berlin-Charlottenburg verhaftet von Sonderegger, der als Gestapo-Mann den Oberstkriegsgerichtsrat Roeder begleitete, und in das Wehrmachtuntersuchungsgefängnis Berlin-Tegel verbracht. Nach dem gescheiterten Attentatsversuch auf Hitler am 20. Juli 1944 entdeckte Sonderegger am 22. 9.1944 im Außenlager des Oberkommandos der Wehrmacht in Zossen die Geheimakten der Widerstandsgruppe im Amt Ausland/Abwehr; dadurch erhielt das Reichssicherheitshauptamt Kenntnis von der Beteiligung Dohnanyis und Bonhoeffers an der Verschwörung. Sie und andere Beteiligte sollten in Verhören vom Oktober 1944 bis Januar 1945 ausgehorcht werden. Kriminalkommissar Sonderegger war dem Leiter der Vernehmungsgruppe Huppenkothen beigeordnet. Bonhoeffer, der am 8.10.1944 in das Kellergefängnis des Reichssicherheitshauptamts verlegt worden war, diktierte Sonderegger in die Schreibmaschine (sorgfältig stilisierte) Informationen über die ökumenische Bewegung, insbesondere über Lordbischof Bell von Chichester. Dohnanyi charakterisierte in einem Kassiber Sonderegger als nicht ohne Herz, aber verschlagen. Tatsächlich sorgte er hier und da für Erleichterungen. Er erteilte die Genehmigung, dass Bücher, Wäsche und andere Dinge, zum Beispiel Kaffeebohnen, für Bonhoeffer auch außerhalb der vorgesehenen Mittwoch-Termine am Gefängnis abgegeben werden konnten. Für Maria von Wedemeyer, die an Bonhoeffers Versorgung durch die Familie beteiligt war, hatte Sonderegger ein Faible. Ihr überbrachte er Bonhoeffers am 19. und 28.12.1944 und am 17.1.1945 geschriebene Briefe. Dem Brief vom 19. Dezember lag als Weihnachtsgruß für Dich und die Eltern und Geschwister das Gedicht Von guten Mächten bei.

Quelle:

DBW 8 + 16 / Eberhard Bethge:Theologe – Christ – Zeitgenosse. Eine Biographie. Gütersloh 2005.

SONDEREGGER, FRANZ XAVER (1898 - ?): 1930 Eintritt in die NSDAP; 1936 Kriminalsekretär in Ludwigshafen; 1939 versetzt zur Geheimen Staatspolizei Berlin; 1942 SS-Untersturmführer; 1943 dem Oberstkriegsgerichtsrat Manfred Roeder zugeteilt für den Fall Depositenkasse (Verhaftungen und Vernehmungen von Hans von Dohnanyi, Dietrich Bonhoeffer und anderen); 1944 Kriminalkommissar, in der Sonderkommission 20. Juli des Reichssicherheitshauptamtes; 1.1.1945 in der Waffen-SS; ab August 1945 interniert; 1948 Zeuge im Ermittlungsverfahren gegen Roeder; 1949 wegen Zugehörigkeit zur Gestapo (in Kenntnis ihres verbrecherischen Charakters) zu sieben Jahren Haft verurteilt


Vita aus:

DBW 7 + 8 + 16

Hans von DohnanyiWalter  Huppenkothen

Leben und Werk

Bonhoeffer heute

Forschung

ibg