Lebensgesetz und Gebot Gottes

Zu allen Zeiten haben sich Menschen Gedanken über die
Grundordnungen ihres Lebens gemacht. Und es ist eine
überaus merkwürdige Tatsache, daß die Ergebnisse fast aller solcher
Gedanken untereinander und mit den 10 Geboten weitgehend
übereinstimmen. Immer wenn die Lebensverhältnisse der
Menschen durch starke äußere oder innere Erschütterungen
und Umwälzungen in Unordnung geraten, erkennen diejenigen
Menschen, die sich die Klarheit und Besonnenheit des Denkens
und Urteilens zu bewahren vermögen, daß ohne Gottesfurcht,
ohne Ehrerbietung gegen die Eltern, ohne den Schutz
des Lebens, der Ehe, des Eigentums und der Ehre – wie immer
auch diese Güter gestaltet sein mögen – kein menschliches
Zusammenleben möglich ist. Um diese Lebensgesetze zu erkennen,
braucht der Mensch nicht Christ zu sein, sondern nur seiner
Erfahrung und seiner gesunden Vernunft zu folgen. Der
Christ freut sich aller Gemeinsamkeiten, die er in so wichtigen
Dingen mit anderen Menschen hat. Er ist bereit mit diesen, zusammenzuarbeiten
und zu kämpfen, wo es um die Verwirklichung
gemeinsamer Ziele geht. …
Darüber vergißt der Christ doch nie den entscheidenden Unterschied,
der zwischen diesen Lebensgesetzen und dem Gebote
besteht. Dort spricht die Vernunft, hier spricht Gott.

Dietrich Bonhoeffer

Quelle:
Konspiration und Haft 1940-1945
, DBW Band 16, Seite 659 f

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