Das Geringe und das Große im Gebet

Nur der für das Geringe dankt, empfängt auch das Große.
Wir hindern Gott, uns die großen geistlichen Gaben, die
er für uns bereit hat, zu schenken, weil wir für die täglichen
Gaben nicht danken. Wir meinen, wir dürften uns mit dem
kleinen Maß uns geschenkter geistlicher Erkenntnis, Erfahrung,
Liebe nicht zufrieden geben und hätten immer nur begehrlich
nach den großen Gaben auszuschauen (Jeremia 45, 5).Wir beklagen
uns dann darüber, daß es uns an der großen Gewißheit, an
dem starken Glauben an der reichen Erfahrung fehle, die Gott
doch anderen Christen geschenkt habe, und wir halten diese
Beschwerden für fromm. Wir beten um die großen Dinge und
vergessen, für die täglichen, kleinen (und doch wahrhaftig
nicht kleinen!) Gaben zu danken. Wie kann aber Gott dem
Großes anvertrauen, der das Geringe nicht dankbar aus seiner
Hand nehmen will? Danken wir nicht täglich für die christliche
Gemeinschaft, in die wir gestellt sind, auch dort, wo keine
große Erfahrung, kein spürbarer Reichtum, sondern wo viel
Schwäche, Kleinglauben, Schwierigkeit ist, beklagen wir uns
vielmehr bei Gott immer nur darüber, daß alles noch so armselig,
so gering ist, so gar nicht dem entspricht, was wir erwartet
haben, so hindern wir Gott, unsere Gemeinschaft wachsen zu
lassen nach dem Maß und Reichtum, der in Jesus Christus für
uns alle bereit liegt.

Dietrich Bonhoeffer

Quelle:
Gemeinsames Leben/Das Gebetbuch der Bibel
, DBW Band 5, Seite 25

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