Die Liebe Gottes, keine blasse Idee

Wie Gott Mensch wurde und nie mehr als Idee, sondern
nur als Menschgewordener erkannt werden kann, so
nahm auch die Liebe Gottes Weltgestalt an und nur als solche,
nie aber als blasse Idee, ist sie die Liebe Gottes.
Die Liebe, um die es im Evangelium im Unterschied zu aller
Philosophie geht, ist nicht eine Methode des Umgangs mit
Menschen, sondern ein Hineingezogenwerden und Hineinziehen
in ein Ereignis, nämlich in die in Jesus Christus vollzogene
Gemeinschaft Gottes mit der Welt, »Liebe« gibt es nicht als
abstrakte Eigenschaft Gottes, sondern als reales von Gott
Geliebtsein des Menschen und der Welt. »Liebe« gibt es auch
nicht als menschliche Eigenschaft, sondern als ein reales
Zueinandergehören, Miteinandersein des Menschen mit dem
Menschen und mit der Welt aufgrund der Liebe Gottes zu mir
und zu ihnen. Wie Gottes Liebe in die Welt einging und sich
dem Mißverständnis und der Zweideutigkeit alles Weltlichen
ergab, so existiert die christliche Liebe auch nicht anders als im
Weltlichen, in der unendlichen Fülle konkreten weltlichen
Handelns, aller Mißdeutung und Verurteilung unterworfen. …
Die Liebe Gottes befreit den von der Selbstliebe getrübten und
irregeführten Blick des Menschen zu der klaren Erkenntnis der
Wirklichkeit des Nächsten und der Welt und macht ihn so und
nur so bereit zur Wahrnehmung echter Verantwortung.

Dietrich Bonhoeffer

Quelle:
Ethik
, DBW Band 6, Seite 240 f

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