Es ist Gottes Wille, daß es denen, die in seinen Geboten
wandeln, wohl gehe (Psalm 119, 1). Es ist kein Zeichen eines
starken und reifen Glaubens, wenn uns dieser Satz Verlegenheit
bereitet, wenn wir sagen, Gott hat größere Dinge mit uns vor
als für unser Wohlergehen zu sorgen. Es gibt Christen, die geistlicher
sein wollen als Gott selbst. Sie reden gern von Kampf,
Entsagung, Leiden und Kreuz, aber es ist ihnen fast peinlich,
daß die Heilige Schrift eben nicht nur davon, sondern garnicht
oft genug von dem Glück der Frommen, von dem Wohlergehen
der Gerechten sprechen kann. Sie sagen dann wohl, daß sei alttestamentlich
und überholt. Der wahre Grund ihrer Verlegenheit
aber liegt darin, daß ihr Herz zu eng ist, um die ganze
Freundlichkeit Gottes zu fassen, zu eng, um Gott auch in der
Fülle der irdischen Gaben zu ehren, die er denen zuteil werden
läßt, die in seinem Gesetz leben. Sie wollen Schulmeister der
Heiligen Schrift sein und bringen sich damit um die volle
Freude ihres Christenstandes und versagen Gott den schuldigen
Dank für seine große Freundlichkeit.
Quelle:
Illegale Theologenausbildung: Sammelvikariate 1937-1940, DBW Band 15,
Seite 504