Es geht nichts verloren

Mir geht in den letzten Wochen immer wieder der Vers
durch den Kopf: »Lasset fahr’n, o liebe Brüder, / was
euch quält, / was euch fehlt, / ich bring alles wieder.« Was
heißt dies: »ich bring alles wieder«? Es geht nichts verloren,
in Christus ist alles aufgehoben, aufbewahrt, allerdings in verwandelter
Gestalt, durchsichtig, klar, befreit von der Qual des
selbstsüchtigen Begehrens. Christus bringt dies alles wieder,
und zwar so, wie es von Gott ursprünglich gemeint war, ohne
die Entstellung durch unsere Sünde. Die aus Epheser 1, 10 stammende
Lehre von der Wiederbringung aller Dinge ist ein großartiger
und überaus tröstlicher Gedanke. Das »Gott sucht wieder
auf, was vergangen ist« (Prediger 3, 15) bekommt hier seine
Erfüllung. Und niemand hat das so einfach und kindlich auszudrücken
vermocht wie P. Gerhardt in dem Wort, das er dem
Christuskind in den Mund legt: »ich bring alles wieder«.
Außerdem habe ich zum ersten Mal in diesen Tagen das Lied:
»Ich steh an Deiner Krippen hier …« für mich entdeckt. Ich
hatte mir bisher nicht viel daraus gemacht. Man muß wohl
lange allein sein, und es meditierend lesen, um es aufnehmen
zu können. … Es gibt eben neben dem Wir doch auch ein Ich
und Christus, und was das bedeutet, kann garnicht besser gesagt
werden als in diesem Lied.

Dietrich Bonhoeffer

Quelle:
Widerstand und Ergebung
, DBW Band 8, Seite 246

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