Friedrich Naumann

Friedrich Naumann

Friedrich Naumann, um 1911

unknown. Source: Friedrich-Naumann-Stiftung, Archiv des Liberalismus, Audovisuelle Medien, F3-240

Friedrich Naumanns »Briefe über die Religion« (verfasst in Berlin 1903, 7. Auflage 1917 mit Nachwort »Nach 13 Jahren«) begegneten Dietrich Bonhoeffer über seine älteren Brüder bereits in der Schulzeit; das kleine Buch arbeitete er sorgfältig durch. Als Vikar in Barcelona erwähnte er es im Gemeindevortrag am 8.2.1929; vielleicht kenne es »der eine oder andere unter uns« Deutschen im Ausland. Darin meine Naumann »fast trostlos«, im Industrie- und Handelsleben »heute« müsse »der kleinere von dem größeren ruiniert werden«.»Andererseits« finde sich in den Briefen »die Forderung restlosen Gehorsams gegen die Bergpredigt«, führte Bonhoeffer in seiner ersten Vorlesung an der Berliner Universität im Wintersemester 1931/32 aus. Christlich Gebotenes und »Eigengesetzlichkeit der Welt« zu synthetisieren habe Naumann aufgegeben. Jesus der Bergprediger »muss da sein« in der Welt, wo der Wirtschaftsbetrieb furchtbare soziale Notlagen gezeitigt hat – »nur wo und wie«? Diese Frage »in Offenheit« gestellt zu haben, ohne der »Sache« (der »Ethik Jesu«) auszuweichen, mache Neumanns – und Troeltschs – Denken zum Höhepunkt der »Theologie der Jahrhundertwende«. Bonhoeffer hat sich beständig weiter mit dem Neumann-(Troeltsch-)schen zwiespältigen Ethik-Denken auseinandergesetzt, so 1936 für sein Buch »Nachfolge«, als er im »einfältigen« wörtlichen Bergpredigt-Gehorsam das riskante »paradoxe« Verständnis des Gebotes Jesu eingeschlossen sah, und 1942 in Manuskripten für eine Ethik, als er tastend von einer »relativen« Eigengesetzlichkeit sprach, einem »Wesensgesetz« einer gegebenen »Sache«, das im verantwortlichen Leben berücksichtigt, wenn auch nicht unbedingt befolgt werden sollte.

Quelle:

Bethge, Eberhard: Dietrich Bonhoeffer. Theologe – Christ – Zeitgenosse. Eine Biographie. Gütersloh 92005, 67. DBW 4, 73; DBW 6, 270-272, 364; DBW 10, 340f; DBW 11, 187-189, 192

Naumann, Friedrich (1860-1919): wurde am 25.3.1860 in Störmthal bei Leipzig geboren, Pfarrerssohn. Nach Abschluss des Theologiestudiums 1883 war er Oberhelfer am »Rauhen Haus« in Hamburg (von Johann Hinrich Wichern 1833 gegründete Erziehungsanstalt für asoziale Jugendliche); 1886 Pfarrer in Langenberg; 1890 Vereinsgeistlicher der Inneren Mission in Frankfurt am Main. 1896 in Erfurt Gründung des »Nationalsozialen Vereins«, der die Arbeiterschaft für Staat, Nation und das soziale Kaisertum gewinnen wollte. 1903 Aufgabe des Pfarramts, Auflösung des Vereins, Anschluss an die »Freisinnige Vereinigung«; lebte als Schriftsteller in Berlin. 1907-1912 und 1913-1918 Mitglied des Reichstages. 1919 Mitbegründer, ab Juli 1919 Vorsitzender der Deutschen Demokratischen Partei. In der Weimarer Nationalversammlung Mitarbeit an Artikeln über Grundrechte in der Verfassung. Er starb am 24.8.1919 bei Travemünde.

Vita aus:

Dietrich Bonhoeffer. Theologe – Christ – Zeitgenosse. Eine Biographie, Gütersloh 92005. Jørgen Glenthøj, Recherchen 1990. Biographisches Wörterbuch zur Deutschen Geschichte, München: Verlag von R. Oldenbourg, 1952, Artikel von Günther Franz.

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